Interview zum Thema Kinderarmut mit Gabriele van den Burg auf WDR.de

Armut: „Kinder können nichts dafür, wenn Eltern zu wenig verdienen“

Stand: 14.11.2025, 18:08 Uhr

Der Verein „Froschkönige“ engagiert sich in Düsseldorf gegen Kinderarmut. Ein Besuch vor Ort.

Von Arezao Naiby

Als Gabriele van den Burg mir die Tür ihres kleinen Ladens in Düsseldorf öffnet, lächelt sie freundlich und lädt mich ein. Der Raum ist vollgestellt mit Büchern, Spielsachen, Kisten und Spenden. Doch schnell wird klar: Hier geht es um Kinder, die zu wenig haben. Um Familien, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Um Armut.

Van den Burg engagiert sich im Verein „Froschkönige“, der gegen Kinderarmut kämpft. Jeden Tag versucht der Verein, den Alltag von Kindern ein wenig leichter zu machen. „Wir wollen nicht, dass Kinder am Rand der Gesellschaft stehen“, sagt sie, während sie kleine Weihnachtsgeschenke sortiert. „Kinder können nichts dafür, wenn ihre Eltern keine Arbeit haben oder zu wenig verdienen.“

Kinderarmut in Deutschland

Laut UNICEF wachsen in Deutschland mehr als eine Million Kinder in Armut auf. Viele leben in zu engen Wohnungen, rund 130.000 Kinder sind wohnungslos oder müssen in Notunterkünften leben. UNICEF bezeichnet das als „materielle Deprivation“ – doch hinter diesem nüchternen Begriff steckt ein harter Alltag: keine warme Winterjacke, kein ruhiger Ort zum Lernen, keine tägliche warme Mahlzeit.

„Die Scham ist groß“

Van den Burg kennt diese Lebenssituationen aus erster Hand. „Die Scham ist bei den Familien sehr groß“, erzählt sie. „Sie sagen: ‚Ich habe nicht genug Geld – können Sie mir helfen?‘ Viele haben Schwierigkeiten, überhaupt unseren Laden zu betreten.“

Folgen, die man nicht sofort sieht

Kinderarmut zeigt sich nicht nur im Kühlschrank oder im Kleiderschrank – sie wirkt sich auf Selbstbewusstsein und soziale Beziehungen aus. „Armut verändert das Leben der Kinder“, erklärt van den Burg. „Sie verlieren Selbstbewusstsein, haben weniger Freunde.“ Besonders deutlich wird das bei Schulausflügen oder Klassenfahrten, wenn manche Kinder hören: „Du bist arm, du kannst nicht mitkommen.“ Solche Erfahrungen sind verletzend – und oft prägend.

Viele Familien, die Hilfe suchen, arbeiten in Niedriglohnjobs, sind krank oder haben finanzielle Rückschläge erlebt. „Die Ursachen sind unterschiedlich, aber am Ende trifft es immer die Kinder.“

Eine kleine Hilfe – die manchmal eine Welt bedeutet

Besonders in der Vorweihnachtszeit zeigt sich, wie viel die Unterstützung bedeutet. Der Verein packt kleine Geschenke: Spiele, Bücher, kleine Karten. „Für viele Kinder ist das das einzige Geschenk, das sie bekommen“, sagt van den Burg. Manchmal sind es auch Gutscheine für Obst und Gemüse, damit die Kinder ausreichend Vitamine bekommen – etwas, das sich viele Familien sonst nicht leisten können.

Was sich ändern müsste

Van den Burg wünscht sich mehr Unterstützung durch die Politik – direkt und unbürokratisch. Sie schlägt vor:

  • Kostenlose Bahntickets für Kinder aus armen Haushalten
  • Kostenfreie Schulbücher
  • Eine gezielte Prüfung, wer wirklich Unterstützung braucht

Doch nicht nur die Politik ist gefragt: Auch die Gesellschaft müsse Verantwortung übernehmen. Familien sollten mit ihren Kindern über Armut sprechen und Verständnis dafür schaffen, dass Kinder nichts für die Situation ihrer Eltern können. Van den Burg fordert eine Gesellschaft, in der Kinder nicht ausgegrenzt werden, nur weil ihre Eltern arbeitslos sind oder in Niedriglohnjobs arbeiten.

„Unsere Hilfe ist ein Flickenteppich.“Gabriele van den Burg vom Verein „Froschkönige“

Und doch macht sie weiter. Jeden Tag. Aus Überzeugung. Weil sie glaubt, dass Kinderarmut kein Schicksal sein darf. Weil sie weiß: Wenn wir endlich anfangen zu investieren, statt zu sparen, können wir eine Zukunft schaffen, in der Armut nicht länger das Leben von Kindern bestimmt.

Unsere Quellen:

Eindrücke der WDR-Reporterin

Gespräch mit Gabriele von den Burg, Verein Froschkönige in Düsseldorf

UNICEF

https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/kinderarmut-verein-froschkoenige-duesseldorf-100.html

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